Bei vielen Reisenden beliebte Flusskreuzfahrten werden nicht unbedingt in einem westafrikanischen Land verortet. Umso mehr waren wir neugierig, als wir von der Möglichkeit einer doch recht komfortablen Reise auf dem Senegal-Fluss in dem gleichnamigen Land an der Grenze zu Mauretanien erfahren haben. Mit der 1950 ursprünglich in den Niederlanden für die „Messageries du Sénégal“ gebauten, bis 1970 als Fracht- und Fährschiff genutzten, später aufwendig umgebauten und mehrfach technisch überholten „Bou El Mogdad“ kann man in entspannter Atmosphäre ein Abenteuer der besonderen Art genießen. Die fahrende Unterkunft ist 52 Meter lang bzw. 10 Meter breit, hat einen Tiefgang von 2,50 m, wird von zwei Sulzer-Motoren von je 200 PS mit 300 U/min angetrieben und besitzt drei Generatoren. Den Passagieren stehen insgesamt 25 Kabinen der Kategorien Standard sowie Comfort und zwei Deluxe-Suiten mit einem gewissen kolonialen Charme zur Verfügung. Außerdem gibt es neben einem Speisesaal ein Sonnendeck sowie auch einen kleinen Pool zur Erfrischung; zwischen den einzelnen Decks bewegt man sich auf klassischen Schiffsleitern mit Geländer.
Nach unserer Ankunft auf dem Blaise Diagne International Airport (DSS) der senegalesischen Hauptstadt im Januar 2024 mit einem Flug der Air Senegal aus Bissau ging es mit einem vom Hotel organisierten Transfer in nördliche Richtung nach Île Saint-Louis, der 1659 von Norman Louis Caullier nicht nur ältesten, von Europäern gegründeten, Stadt an der Westküste Afrikas, sondern auch 1895 bis 1902 Hauptstadt von Französisch-Westafrika (AOF – umfasste zu dieser Zeit die Länder Senegal, Mauretanien, Sudan, Guinea sowie Côte d’Ivoire), Hauptstadt Mauretaniens von 1920 bis 1960 bzw. bis 1957 Hauptstadt Senegals. Dort brachen wir gleich zu einer ersten Besichtigungstour der von den Franzosen zu Ehren ihres gleichnamigen Königs Ludwig XIV., heute auch „Hauptstadt des Nordens“, „intellektuelle Hauptstadt Senegals“ oder „Hauptstadt des guten Geschmacks“ genannten, am Fluss Senegal ca. dreißig Kilometer von der Mündung entfernt geografisch am Rande des Atlantischen Ozeans sowie ganz in der Nähe der Grenze zu Mauretanien liegenden und geschichtlich ebenfalls mit dem Sklavenhandel bzw. später mit der Luftpost von Mermoz verbundenen Metropole für 15.000 XAF mit einer hier caleche genannten Pferdekutsche auf. Zu entdecken galt es dabei neben der im Oktober 1897 eingeweihten Faidherbe-Brücke, einer 507 m langen und 10,5 m breiten, aus sieben Bogenfeldern bestehenden, Metallkonstruktion besonders die Altstadt auf der Hauptinsel mit ihrer typischen Architektur.



Am Vormittag darauf Fortsetzung der Stadterkundung zu Fuß; dabei ist der Norden durch den als Gouvernance bezeichneten Gebäudeblock mit Resten einer alten Kolonialfestung und dem nach dem Gouverneur von Senegal von 1854 bis 1864, Louis Léon Faidherbe, zuerst La Savane sowie dann Place d’Orléans benannten Platz vom südlichen Teil der Insel, Sindoné getrennt. Begrenzt durch die Nord- und Südkaserne von Rognât (1837) steht unbeirrbar in einem Garten, sozusagen als Wache, die Statue des französischen Generals Faidherbe. Weiter sehenswert sind die 1827 geweihte Kathedrale, erste Kirche in Westafrika, mit neoklassizistischer Fassade, die zu Beginn des Jahrhunderts zum Peyrissac-Haus gewordene, vormalige, Schule der Gebrüder Ploërmel (1841) mit historischen Fassaden, das frühere Haus der Schwestern von Saint-Joseph de Cluny, mit seiner monumentalen Treppe und zwei runden Fensterläden, natürlich das Rathaus und das Gerichtsgebäude mit dem ersten dort gefällten Urteil 1875, das weiße Gebäude „Grand Bras“ (erster Sitz des Generalrats, später Kolonialrat, dann Territorial- bzw. Regionalversammlung sowie zuletzt regionales Kulturzentrum) mit seinem reich verzierten schmiedeeisernen Balkon und der durch die schwere Holztür zu bewundernden prächtigen Holzdecke mit bemalten Kassetten sowie die Lycée Ameth Fall Girls High School, die sich seit 1927 auf einem alten Krankenhausgelände von 1840 an der Stelle des ersten christlichen Friedhofs befindet



Bevor wir Saint-Louis mit dem Minibus in Richtung Podor zum Startpunkt der Flusskreuzfahrt verließen, Treffpunkt zum Lunch im Hotel „La Residence“ mit dort erstem Kennenlernen der Mitreisenden. Nach dreieinhalb Stunden bzw. 220 km angekommen, Einschiffung auf der „Bou el Mogdad“ in der Front Luxury Suite „Armateur“, unserem zu Hause für die nächsten sechs Tage mit einem Willkommensdrink von der Cruise-Direktorin (www.bouelmogdad.com).



Auf dem Fluss wird in Podor, während der französischen Kolonialisierung ein ehemaliger Handelsposten des „Cour du Fleuve et de l’Auberge du Tekrour“, heute kein Handel mehr betrieben. Die an seinen Steindocks grenzenden Handelshäuser mit ihren großen Innenhöfen und den Lagerhäusern, in denen Gummi arabicum, Brennholz, Elfenbein, Gold sowie Sklaven gelagert bzw. umgeschlagen wurden, sind die Überbleibsel einer nicht allzu fernen Vergangenheit. Besichtigt wurde am Vormittag das 1854 von Faidherbe erbaute Fort. Zurück an Bord Cruising zum Flussarm von Thiangaye, dann Lunch und später mit dem Beiboot Besuch von vollständig aus von den steilen Ufern des Senegal gewonnenen Land bestehenden, auf das 13. Jahrhundert zurückgehenden, ältesten Siedlungen entlang des Flusses Toucouleurs-Dörfern. Hiernach wartete auf uns ein Aperitif, bevor wir bei Sonnenuntergang am Flussufer ein traditionelles Lamm-Barbecue mit Hurrikan(sturm)lampe genossen.





Am dritten Tag Weiterfahrt in die Umgebung von Dagana, wo es mit dem Tenderboot zur „Hauptstadt von Walo“ genannten gleichnamigen Wolof-Siedlung, ebenfalls einem wichtigen alten Handelsposten aus der Kolonialzeit, wo u. a. Gummi arabicum geladen wurde, ging. Hier gab es unter Schatten spendenden Bäumen von einheimischer Musik umrahmt das traditionelle Mittagessen „Tiep Bou Dien“ oder Reis mit Fisch. Nach einer Siesta an Bord folgten der übliche Besuch einer Schule sowie des 1821 erbauten, bei einer schönen Lage direkt am Fluss von einem Franzosen aufwendig als Herberge mit kolonialem Ambiente restaurierten, sehenswerten Forts mit einem großen Swimmingpool und Überresten einer Befestigungsanlage.




Gemütliche Weiterfahrt auf der Mitte des Senegal am nächsten Tag in das Zentrum der senegalesischen Zuckerproduktion, nach Richard Toll. Der Name dieses Ortes am Zusammenfluss von Senegal und Taouey erinnert an den französischen Pflanzer Richard, der hier in der französischen Kolonialzeit Anfang des 19. Jahrhunderts im Jahr 1822 ein landwirtschaftliches Versuchsprojekt für den Erdnussanbau aufzog. Nachmittags stand dann zunächst der Besuch der östlich der Stadt auf einer Insel liegenden, völlig maroden, von einem verwilderten Park umgebenen, ehemals stilvollen französischen Villa „La Folie du Baron Roger“ sowie weiter die Besichtigung der sich über 10.000 ha erstreckenden Zuckerrohrfabrik der „Compagnie Sucrière Sénégalaise – CSS“ als Haupteinnahmequelle der Gemeinde auf der Agenda.


Flussabwärts ging es am Tag vier vormittags in die mauretanisch-senegalesische Grenzstadt Rosso, wo farbenfrohe Kanus, eine Fähre und Lastkähne Menschen, Tieren und Fahrzeugen die Überfahrt ermöglichen, passierend später über Diaouar zur Mündung des Flusses Gorom, die zum Eingang des Nationalparks Djoudji, einem 16.000 ha großen Vogelschutzgebiet und Biosphärenreservat der UNESCO 60 km nordöstlich von St. Louis, führt. Nach dem Lunch gelangten wir mit dem Tenderboot zum Steg, um den 1971 gegründeten dritten ornithologischen Park der Welt mit seinen mehr als 400 verschiedenen, teils seltenen, Vogelarten im Rahmen einer Pirogenfahrt im Delta des Senegal zu besichtigen. Hier treffen sich von November bis April zum Überwintern etwa drei Millionen Zugvögel aus Europa. Langsam in das Herz des Djoudji eindringend trafen wir auf davon fliegende Pelikanen, abtauchende Störche, Kormorane, Fischadler, Kronenkraniche bzw. ein einzelnes Warzenschwein.




Während das senegalische Ufer zumeist Reisanbaugebiete aufweist, ist die mauretanische Seite nur wenig kultiviert. Am letzten Fahrtag erreichten wir den Diama-Staudamm, der gewissermaßen als Grenze das salzige Wasser daran hindert, stromaufwärts zu gehen sowie nach Durchfahrt der Schleuse mit einem heiklen Manöver zur Lunch-Zeit schließlich den Endpunkt unserer Fluss-Kreuzfahrt in Saint Louis. Am Nachmittag nochmals eine zweistündige Fahrt mit einer Caleche vor Ort sowie Besuch des Marktes für Kunstgewerbe. Schließlich Abschiedsdinner auf unserem Schiff, der liebgewonnenen „Bou“.






Am nächsten Tag fuhren wir nach einem letzten Frühstück an Bord für 65.000 XAF mit einem Taxi in rund viereinhalb Stunden über ca. 225 km zurück nach Dakar zu unserem airportnahen Hotel, um nach einer Zwischenübernachtung in die gambische Hautstadt Banjul (BJL) weiter zu reisen.

Wie immer am Schluss noch ein Wort zu den gebuchten Unterkünften: in Saint-Louis ließen wir es uns nicht nehmen, in dem geschichtsträchtigen „Hôtel de la Poste“, wo die früheren Postflieger bei ihren Zwischenlandungen auf dem Weg zwischen Europa und Südamerika übernachteten, abzusteigen und dort in der dem Flugpionier Jean Mermoz gewidmeten Mini-Suite 219 zu wohnen (www.hoteldelapostesaintlouis.com). Vor unserem Weiterflug nach Gambia war in Dakar unweit des neuen internationalen Airports bzw. Stadions das „Radisson Hotel Dakar Diamniadio“ mit einem großen Pool und inkludiertem Flughafen-Transfer eine gute Wahl (www.radissonhotels.com/en-us/hotels/radisson-dakar-diamniadio).



Während auf dem Flussschiff täglich drei nicht nur wohlschmeckende, sondern auch mit viel Liebe zubereitete Mahlzeiten als Menü mit nichtalkoholischen sowie alkoholischen Getränken serviert wurden, wählten wir am Ankunftstag in Saint-Louis zum Abendessen das zum Haus gehörende „Flamingo-Restaurant“ direkt am Wasser und nutzen im Hauptstadt-Hotel das als Buffet angebotene Dinner mit zu einem sehr fairen Preis einer großen Auswahl an Gerichten.
Die Bezahlung nahezu aller Leistungen im Land außerhalb von Hotels ist nach unserer Erfahrung nur mit CFA-Franc möglich.
Fazit
Beeindruckende landschaftliche Schönheiten kombiniert mit einer reichen Geschichte und kulturellen Vielfalt machen die Republik Senegal zu einem lohnenden Reiseziel, dass man unter Beachtung der üblichen Vorsichtsmaßnahmen nicht nur sicher, sondern mit einer Flusskreuzfahrt auf der „Bou El Mogdad“ auch ausgesprochen komfortabel bereisen kann.
EINIGE INTERESSANTE ANGABEN ZUM LAND:
Offizielle Bezeichnung: Republik Senegal
Kontinent: Afrika
Staats- und Regierungsform: präsidentielle Republik
Hauptstadt: Dakar
Größe: 196.722 km²
Einwohnerzahl: 17,8 Millionen
Offizielle Landessprache: Französisch
Währung: CFA-Franc BCEAO (XOF)
Flagge:
